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Hamburger Landesregierung stimmt drastischer Asylrechtsverschärfung zu

Am vergangenen Freitag wurde im Bundesrat der, seit dem unrühmlichen sogenannten „Asylkompromiss“ von 1993, weitgehendste Abbau des Asylrechts beschlossen. Wie bereits damals, wurde auf steigende Flüchtlingszahlen erneut mit einer weitgehenden Entrechtung der Flüchtlinge reagiert. Deren Lage wird nun gezielt verschlechtert; das Grundrecht auf Asyl weiter stark eingeschränkt.

Angesichts der dramatischen Notlage der Flüchtlinge in ihren Heimatländern, auf dem Fluchtweg selbst und leider auch in Deutschland und Europa stellt sich die Piratenpartei Hamburg diesen Maßnahmen entschieden entgegen! Deutschland wird seiner humanitären Pflicht nicht gerecht, wenn wir statt einer menschenwürdigen Versorgung von Flüchtlingen auf Schikane und Abschreckung setzen. Bei nahezu täglich brennenden Flüchtlingsunterkünften, zunehmender Volksverhetzung und Bedrohungen und daraus resultierenden Anschlägen auf Flüchtlinge, Flüchtlingshelfer und Politiker ist es geradezu zynisch, die Prioritäten auf den Abbau der Rechte der Geflüchteten zu legen.

Die Piratenpartei Hamburg verurteilt die Zustimmung der Hamburgischen Landesregierung im Bundesrat. Während die rot-grünen Landesregierungen von Bremen und Niedersachsen auf Betreiben der dortigen Grünen immerhin nur eine Enthaltung abgegeben haben, haben die Hamburger Grünen den Verschärfungen des Asylrechts gemeinsam mit der SPD zugestimmt. Statt – wie im Wahlprogramm der Grünen versprochen – gegen die Abschottung Europas einzutreten und das Konzept der sogenannten „sicheren Herkunftsstaaten“ abzulehnen, rufen beide Teile dieser Landesregierung nun sogar noch weitere „sichere Herkunftsstaaten“ aus und erklären damit den gesamten Balkan wider besseren Wissens zur verfolgungsfreien Zone.

Das vorgebliche Ziel, mit diesem Gesetz die Asylverfahren zu beschleunigen, ist eine Täuschung. Tatsächlich sollen Flüchtlinge in Zukunft sogar länger in Erstaufnahmelagern verbleiben. Besonders mit Blick auf die desaströse Unterbringungslage in den Hamburger Einrichtungen ist dies eine Katastrophe. Entgegen früherer Versprechungen leben tausende Flüchtlinge in Hamburg immernoch in Zelten, in einigen Fällen immernoch unbeheizt, teilweise undicht und mit Schimmelbefall. Die medizinische Versorgungslage ist immer noch dramatisch. Dennoch wird den Flüchtlingen nicht erlaubt eine Arbeit aufzunehmen und sich damit selbst aus der unmenschlichen Lage zu befreien. Sie stecken in den Lagern fest, nach der neuen Gesetzeslage nun bis zu 6 Monate, im Falle von Personen aus „sicheren Herkunftsstaaten“ sogar für die gesamte Zeit des Asylverfahrens. Selbst die Unterbringung in den festen Unterkünften kaum zumutbar. Auch diese sind überfüllt und es fehlt an sanitären Anlagen. Eine Privatsphäre und Rückzugsräume sind quasi gar nicht vorhanden. Angesichts der zahlreichen Leerstände in der Stadt Hamburg ist es ein Skandal, dass die Landesregierung die Unterbringungszeit der Flüchtlinge in solchen Massenlagern weiter ausdehnt, anstatt sie zu verkürzen.

Mit der neuen Möglichkeit die notwendigste Grundversorgung von Flüchtlingen mit Sachleistungen statt Geldleistungen zu decken droht ein zusätzlicher bürokratischer Albtraum. Die neue Gesetzeslage gibt den Behörden völlig widersinnige neue Aufgaben, mit denen sie sich nun kleinteilig um den täglichen Bedarf jedes einzelnen Flüchtlings kümmern sollen, anstatt deren Unterbringungs- und Lebenssituation zu verbessern. Der Hintergrund solcher Maßnahmen ist ganz sicher keine Beschleunigung von Asylverfahren, sondern die absurde Annahme, die bisherigen Geldleistungen am untersten Existenzminimum würden sogenannte „Fehlanreize“ bieten und Menschen zu einer lebensgefährlichen und im übrigen auch teuren Flucht bewegen. Wir sind entsetzt, dass die Hamburger Landesregierung diesen rechtspopulistischen Irrsinn mitträgt.

Der Versuch Asylverfahren zu beschleunigen beschränkt sich im Wesentlichen darauf, Flüchtlingen aus den sogenannten Balkanstaaten, ein ordentliches Prüfungsverfahren gar nicht erst zuzugestehen. Das Recht ihren persönlichen Fall vorzutragen haben sie aber dennoch. Der größte Teil und damit der Aufwand des Verfahrens bleibt also bestehen, lediglich die Prüfung wird durch eine weitestgehend pauschale Ablehnung ersetzt und der Rechtsweg eingeschränkt. Besonders im Falle der vielen dort lebenden Roma sind allerdings systematische Diskriminierung und politische Verfolgung bekannt und belegt. Die Betroffenen Menschen sind nun Flüchtlinge zweiter Klasse, entrechtet per Gesetz.

Das Gesetz sieht noch eine ganze Reihe weiterer humanitärer Verschlechterungen vor, z.B. weitere Kürzungen für Ausreisepflichtige weit unter das Existenzminimum, plötzliche Abschiebungen ohne vorherige Ankündigung, oder stark eingeschränkte Möglichkeiten eines Winterabschiebestopps. Echte Maßnahmen zur Beschleunigungen der Asylverfahren sucht man allerdings vergebens. So müssen z.B. Syrer, deren Land in Schutt und Asche liegt, immernoch einzeln nachweisen, einen legitimen Grund zur Flucht gehabt zu haben. Die am Asylverfahren beteiligten Behörden sind weiter auf sich allein gestellt, bekommen sogar eher noch zusätzliche Aufgaben aufgebürdet.

Dieses Gesetzespaket hätte so nie beschlossen werden dürfen. Eine gerechte Verteilung der finanziellen Lasten zwischen Bund, Ländern und Kommunen ist eigentlich eine Selbstverständlichkeit für ein funktionierendes Staatswesen, aber sicher kein Zugeständnis, das es rechtfertigt, das Asylrecht in Deutschland auf diese Weise massiv zu verschlechtern. Es ist ein Schlag ins Gesicht für all die freiwilligen Helfer, die mit ihrem Engagement und ihrer Spendenbereitschaft versuchen, die Situation der Flüchtlinge ein wenig zu verbessern. Aber besonders werden die Flüchtlinge selbst darunter zu leiden haben, die es nach ihrer Vertreibung und ihrer Flucht nun mit überforderten Behörden, unmenschlichen Massenlagern und monatelangen Arbeitsverboten zu tun haben.

Bild: MagentaGreen

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