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Transparenz und Datenschutz

Die Piratenpartei positioniert sich zu vielfältigen Themen aus allen Bereichen, doch sind es unsere Kernthemen, die uns ausmachen und die unser Alleinstellungsmerkmal sind. Wir stellen in loser Folge Themen aus unseren Kernbereichen vor und erläutern ihre Bedeutung für die moderne Gesellschaft. Den Auftakt bildet dieser Artikel, der sich mit dem oft angesprochenen Spannungsfeld zwischen der Forderung nach Transparenz und dem verständlichen Bedürfnis nach dem Schutz der persönlichen Daten beschäftigt.

Hamburg verfügt über das modernste Transparenzgesetz Deutschlands, und die Hamburger PIRATEN sind stolz, nicht nur Bündnispartner der ersten Stunde, sondern auch aktiv bei der Entwicklung der Gesetzesvorlage, sowie durch das Sammeln von Unterschriften und der Verbreitung von Informationen aktiv an dem Erfolg der Initiative beteiligt gewesen zu sein. In Gesprächen mit Bürgern wurde immer wieder deutlich, dass viele Menschen befürchteten, dass durch eine stärkere Verankerung des Prinzips der Transparenz in der Politik auch ihre Daten öffentlich gemacht werden würden, von der Steuererklärung bis zur Anschrift. Diese Befürchtung ist unbegründet.

Das Transparenzgesetz verpflichtet die Stadt Hamburg unter anderem, Verträge, die mit der öffentlichen Hand geschlossen werden, vor Inkrafttreten zu veröffentlichen, ebenso wie Gutachten und andere Dokumente, die die öffentliche Daseinsvorsorge betreffen – die also dazu da sind, unsere berechtigten Interessen zu regeln. Ausgenommen sind nur Passagen, die Geschäftsgeheimnisse enthalten – oder eben persönliche Daten von Mitarbeitern (so letzteres  überhaupt in solchen Dokumenten  enthalten sein sollte, wofür es eigentlich keinen vernünftigen Grund gibt). Nicht umsonst hat das Bündnis auch den Hamburger Datenschutzbeauftragten aktiv einbezogen.

Kurz gesagt: Transparenz betrifft Regierungen, Behörden und öffentliche Stellen sowie auch private Träger oder Firmen, die von diesen beauftragt werden. Sie endet dort, wo der Schutz persönlicher Daten beginnt. 

Dass die Verabschiedung eines Transparenzgesetzes überfällig war, zeigen Ereignisse der letzten Jahre: der Bau der Elbphilharmonie, der wahrscheinlich unglaubliche zehn Mal so teuer wird wie ursprünglich geplant. Auch der Verkauf städtischer Krankenhäuser an den Asklepios-Konzern gegen den deutlich artikulierten Bürgerwillen, der zu gravierenden Mängeln im Bereich der Pflege geführt hat, sind Hamburger Beispiele. Zu nennen sind auch der Großflughafen Berlin (BER) und der Ausbau des Stuttgarter Bahnhofs (Stuttgart 21).

Die fehlende Transparenz geht zu Lasten der Städte und ihrer Bewohner, die für die Mehrkosten durch ihre Steuergelder aufkommen und – gerade, wenn es sich nicht um Luxusprojekte wie die Elbphilharmonie handelt – zum Teil gravierende Einschränkungen ihrer Lebensqualität hinnehmen müssen. Ein transparenter Umgang mit Vertragsmodalitäten und Verhandlungsverläufen hätte einige Fehlentwicklungen verhindert. Transparenz schont also nicht nur die Nerven, sondern spart auch Geld. Sie befähigt die Bürger, dem Staat, den Behörden und in zunehmendem Maße auch privaten Trägern im öffentlichen Auftrag auf die Finger zu sehen und falsche Entscheidungen und die rigide Durchsetzung wirtschaftlicher Partikularinteressen zu erkennen, aufzuzeigen und letztendlich auch zu verhindern.

Datenschutz und Privatsphäre – keine Privatsache mehr?
Datenschutz hingegen greift bei allen Angaben, die vom Bürger als Privatperson erhoben werden, ob vom Staat oder von privaten Wirtschaftsunternehmen oder auch Kirchen und Parteien. Ein Teil dieser Daten kann von Firmen oder auch von Privatleuten bei öffentlichen Stellen abgefragt werden, z. B. den Einwohnermeldeämtern. Sie fungieren als Herausgeber bzw. Verkäufer dieser Daten, die sie automatisch qua Meldegesetz erheben.

Gerade kommerzielle Interessenten gerieten immer wieder ins Visier der Öffentlichkeit, weil sie bei ihrem Umgang mit ihren Kunden nicht nur notwendige Angaben einforderten und verarbeiteten wie z. B. Lieferadressen, sondern auch durch Umfragen, Paybacksysteme u. a. Daten abfragen, die sie zur Erforschung von Konsumverhalten und persönlichen Vorlieben benötigen. Dies gibt Firmen die Möglichkeit, ein Kundenprofil zu erstellen, das auch gegen den Kunden verwendet werden kann – zum Beispiel, wenn Alkohol-  oder Tabakkonsum, Risikosportarten oder persönliche Ernährungsgewohnheiten bei der Beitragsberechnung durch Versicherungen berücksichtigt werden, selbst wenn sie diese gar nicht abgefragt haben. Auch hier gilt das Prinzip der Privatsphäre: Auch wenn diese Lebensführung auf Kritik stoßen mag, muss sie der persönlichen Freiheit des Einzelnen überlassen bleiben.

Datenschutz ist wichtig, um die Privatsphäre des Einzelnen zu schützen, und das ist in den Zeiten der zunehmenden Vernetzung wichtiger denn je, denn nicht nur die Erhebung von persönlichen Daten, die über das Notwendige hinausgehen, ist problematisch, sondern auch die zunehmende Tendenz, diese Daten von unterschiedlichen Stellen zusammenzuführen, um ein umfassendes Bild eines Bürgers/Kunden/Aktivisten zu erhalten.  In diesem Zusammenhang ist auch der behördeninterne Austausch zwischen Meldebehörden und anderen Stellen ebenso kritisch zu hinterfragen wie das gegen geringe Gebühren oder kostenlose Zur-Verfügung-Stellen an private Firmen wie Adresshändler, Scoringsysteme oder Werbeverkäufer.

Daher meinen wir: Unsere persönlichen Daten dürfen keine Handelsware sein!

Die neue Datensammelwut
Man muss unterscheiden zwischen dem berechtigten und notwendigen Interesse an persönlichen Daten und der unkontrollierten Sammelleidenschaft öffentlicher wie privater Stellen. Kaum jemand wird sich der Tatsache verschließen wollen, dass Einwohnermeldeämter wissen müssen, wer wo wohnt. Um planen zu können, ist ebenfalls notwendig, über die Altersstruktur der Bevölkerung oder die Anzahl von Kindern in einem Bezirk, einer Stadt oder einem Land orientiert zu sein. Finanzämter benötigen selbstverständlich Auskunft über das Einkommen der Bürger, um Steuern erheben zu können, und die Sozialbehörden müssen über die Situation derer informiert sein, denen sie helfen sollen, wenn auch sicherlich nicht in dem Maße, in dem das heute geschieht. Auch eine Firma, die einem Kunden z. B. Waren liefern soll, benötigt Daten, um ihren Auftrag erfüllen zu können.

Dennoch hat sich zunehmend eine Gier nach persönlichen Informationen eingeschlichen, die gefährlich werden kann – nämlich dann, wenn eigentlich nicht benötigte Daten erhoben werden, um Erkenntnisse zu gewinnen, die die betreffende Stelle eigentlich nichts angehen. Das betrifft einerseits z. B. die Jobcenter, die von ihren “Kunden” Informationen verlangen, die von immer mehr Menschen als unstatthaft empfunden werden und die zu teilweise bizarren Entscheidungen führen können. Die Konsequenz sind Bürger, die sich praktisch in informationeller Geiselhaft staatlicher Stellen befinden. Dieses Schicksal wird übrigens alle ereilen, wenn es gelingt die Vorratsdatenspeicherung oder eine flächendeckende Kameraüberwachung durchzusetzen.

Besonders zweifelhaft ist, dass Einwohnermeldeämter sich eine lukrative Einnahmequelle erschlossen haben, indem sie Adressen an kommerzielle Unternehmen verkaufen. Hier werden Daten von Stellen verschleudert, die eigentlich aufgerufen sind, die Daten ihrer Bürger zu schützen und verantwortungsvoll mit ihnen umzugehen. Leider ist den Wenigsten bekannt, dass man durch das sogenannte Opt-out-Verfahren den Meldebehörden untersagen kann, Daten an Dritte weiterzugeben – mit Ausnahme an Stellen, die ein berechtigtes Interesse nachweisen können.

Wirtschaftliches Interesse am gläsernen Bürger
Private Firmen verstecken ihre Sammelwut gern hinter Bonussystemen, Umfragen oder  Gewinnspielen. Es ist dem einzelnen Kunden überlassen, ob er einem kommerziellen Unternehmen persönliche Angaben macht, um in den Genuss angeblicher und oft genug zweifelhafter Vorteile zu kommen. Hier ist zunächst jeder Einzelne gefordert, zu überlegen, was er wem da eigentlich preisgibt- und wofür. Durch Aufklärung sollte der Einzelne hier zu einem eigenverantwortlichen Handeln finden, indem er sich fragt, welche Daten er wem überlässt – und was er lieber für sich behält.

Wer Daten freiwillig herausgibt, sollte sich auch der eventuellen Konsequenzen bewusst sein – und dazu gehört auch eine gesetzlich verpflichtende Offenheit, die Wirtschaftsunternehmen dazu zwingt, klar, deutlich und an prominenter Stelle zu erklären, was sie mit den erhobenen Daten zu tun gedenken. Vor der unerlaubten Herausgabe persönlicher Kundendaten an Dritte schützt jedoch auch verantwortungsvolles Handeln nur begrenzt. Daher steht die Piratenpartei Adresshandel und der zunehmenden Zusammenführung von Daten durch verschiedene Stellen auch entsprechend kritisch gegenüber und fordert eine Verschärfung der entsprechenden Gesetze.

Fazit: Datenschutz und Transparenz schließen sich gegenseitig nicht aus, vielmehr sind beides notwendige und wichtige Bereiche, die den Interessen der Bürger in vielfältiger Hinsicht zugute kommen. Die Piratenpartei setzt sich daher sowohl für ein transparentes Handeln öffentlicher Stellen und von ihnen beauftragter privater Träger oder Firmen ein als auch für eine Stärkung des Datenschutzes und der informationellen Selbstbestimmung.

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