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Critical Mass – Die Rückeroberung der Straße

(c)2013 Frank Nocke, franknocke@gmail.com

In Hamburg sind Radfahrer immer noch Verkehrsteilnehmer 2. Klasse. Häufig auf Fahrradwege abgedrängt, die diesen Namen kaum verdienen oder an Bettelampeln ausgebremst. Ernst gemeinte Radstreifen auf der Strasse, Aufstellflächen vor Ampeln? Es geht nur langsam voran… vielleicht auch eine Haltungsfrage. Doch es gibt eine globale Gegenbewegung, die Critical Mass, die allmonatlich auch in Hamburg stattfindet.
Ein Bericht von Anne Alter und Fran Kee (Foto: Fran Kee).

„We are not blocking traffic, we are traffic!“

Neulich war wieder die Critical Mass Hamburg. Eine spontante Fahrraddemo, „bei der sich mehrere nicht motorisierte Verkehrsteilnehmer scheinbar zufällig und unorganisiert treffen, um mit gemeinsamen und unhierarchischen Protestfahrten durch Innenstädte mit ihrer bloßen Menge und ihrem konzentrierten Auftreten auf ihre Belange und Rechte gegenüber dem motorisierten Individualverkehr aufmerksam zu machen.“ Sagt Wikipedia. Angefangen hat diese Form der Demonstration in San Francisco, mittlerweile findet das Ganze auch in mindestens 29 deutschen Städten statt (hier nachzulesen oder eventuell auch hier).

Es war beeindruckend und sehr, sehr spassig, ungehindert durch die Stadt zu fahren, Schanze, St. Pauli, Altona, Fischmarkt, Hauptbahnhof, die Alster hoch… über 2 Stunden. Inklusive diverser Auto-Tunnels und -überführungen zwischen Hauptbahnhof und Berliner Tor. Es ist schon eine ziemliche Machtdemonstration gegenüber dem Autoverkehr, da ging 20 bis 30 Minuten lang nichts mehr… und gleichzeitig bekommt man ein gutes Gefühl dafür, wie es wäre, wenn Fahrradfahrer Verkehrsteilnehmer erster Klasse wären. Ein derart freie Fahrt hat man als Radfahrer in der Hamburger City sonst allenfalls bei den alljährlichen Atomstrom Cyclassics…

Die Teilnehmberzahl ist sehr schwer einschätzbar, Critical Mass Hamburger schätzt über 2200 Teilnehmer. Vom Fahrradkurier über Rennrad, Bastler- und Liegeradler, City-Bike bis Hollandrad war alles dabei.

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«Critical Mass» ist nicht parteipolitisch: Keine Banner, keine direkten politischen Forderungen (auch nicht auf der Website), keine Logos von Parteien, Vereinen oder Verbänden – nur Fahrradfahrer und ihre politische Forderung, endlich als gleichberechtigte Verkehrsteilnehmer anerkannt zu werden und den Raum ganz selbstverständlich nutzen zu können, der ihrem Verkehrsmittel angemessen ist – die Straße.

Die Hamburger Polizei darf man an dieser Stelle ruhig auch mal loben, die diese (weder genehmigte noch streckengeplante) kleine Radtour fair und umsichtig begleitet hat und die Kreuzungen sicherte, wo immer das möglich war. Wobei fast alle Autofahrer ebenfalls cool blieben. Fast jeder ist ja in beiden Rollen zu Hause, und es dämmert wohl langsam die Erkenntnis, dass das mit den ganz großen Blechlawinen in den Städten so nicht weitergehen kann…

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Besonders nervöse Autofahrer werden freundlich und umsichtig persönlich verkehrsberuhigt ;-)

Weitere Impressionen finden sich hier.

Critical Mass findet in Hamburg jeden letzten Freitag im Monat statt. Der Startpunkt wird 3 bis 4 Stunden vorher auf Website und Facebook bekanntgegeben. Los geht es normalerweise um 19°°h.

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Zum Weiterlesen: