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Klage in Karlsruhe: Staatliche Parteienfinanzierung benachteiligt kleine Parteien

Die Piratenpartei Deutschland hat am 27.02.2012 eine Organklage gegen die 2011 beschlossene Änderung der staatlichen Parteienfinanzierung beim Bundesverfassungsgericht eingereicht. Die alten Regelungen des Parteiengesetzes waren bereits umstritten, da sie kleine und unterfinanzierte Parteien benachteiligen. Diese Ungleichbehandlung großer und kleiner Parteien wird mit den neuen Regelungen weiter verschärft. Nach Ansicht der Piraten stehen die aktuellen Regelungen zur Parteienfinanzierung im klaren Widerspruch zu dem im Parteiengesetz verankerten Grundsatz, Parteien gemäß ihrer gesellschaftlichen Bedeutung zu fördern.

Im Zentrum der Kritik steht die Änderung von § 19a Absatz 5 Parteiengesetz, durch den der finanzielle Anspruch einer Partei an der Parteienfinanzierung gedeckelt wird. So gibt es eine „absolute Obergrenze“ für den Finanzierungstopf. Im Jahr 2011 lag diese bei 141,9 Millionen Euro. Theoretisch höhere Ansprüche der Parteien werden entsprechend dieser Obergrenze prozentual gekürzt. Darüber hinaus wird eine sogenannte „relative Obergrenze“ festgelegt: Staatliche Zuschüsse dürfen nicht höher als die eigenen Einnahmen einer Partei ausfallen. Ein wesentliches Problem liegt nun genau darin, dass Parteien zur Stärkung ihrer Einnahmensseite je nach Größe sehr unterschiedliche Finanzierungsquellen erschließen können. Bereits im Parlament vertretene Parteien sind hier oft im Vorteil. Neben Mitgliedsbeiträgen erhalten sie meist wesentlich höhere Firmenspenden, Einnahmen aus eigener Unternehmenstätigkeit sowie erhöhte Mitgliedsbeiträge von Mandatsträgern. Kleine Parteien haben oft das Nachsehen – auch und gerade wenn sie gute Wahlergebnisse haben.

Verschärft wird das Problem nun dadurch, dass aufgrund der geänderten Berechnungsregel im § 19a Parteiengesetz die Staatsgelder nicht nur auf die Höhe der eigenen Einnahmen gekürzt werden, sondern noch weit darüber hinaus. Auf diese Weise verbleibt Kleinparteien im Endergebnis deutlich weniger als die eigentlich vorgesehene 50-Prozent-Quote an staatlichen Mitteln. Darüber hinaus führt die Neuregelung dazu, dass die nicht abgerufenen Geldmittel nicht wie vorher zurück in die Staatskasse fließen, sondern unter den großen Parteien aufgeteilt werden. Die Berechnung der Parteienfinanzierung wird auf diese Weise stark verzerrt und spiegelt kaum noch den Willen der Wähler wieder.

„Es kann nicht Sinn der Sache sein, dass die kleinen, unterfinanzierten Parteien jetzt auch noch den Parlamentsparteien, die auch so schon das meiste (Steuer)Geld bekommen, das Silberbesteck vergolden.“ so Schlömer weiter.

Auch von den PIRATEN auf den Prüfstand gestellt wird die aktuelle Praxis, den politischen Stiftungen der Parlamentsparteien Haushaltsmittel ohne eine gesetzliche Beschränkung zuzuweisen. Diese staatlichen Zahlungen gehen weit über die Mittel der eigentlichen Parteienfinanzierung hinaus. Sie betrugen allein im letzten Jahr schätzungsweise über 300 Millionen Euro.

Nicht zuletzt wird dem Bundesverfassungsgericht die Frage vorgelegt, welches Verfahren das Parlament bei Gesetzen in eigener Sache, wie z.B. dem Parteiengesetz, einhalten muss, damit der Transparenz und damit auch dem Demokratieprinzip Genüge getan ist. So lässt z.B. die in einem Blitzgesetzgebungsverfahren verabschiedete neue Parteienfinanzierung vermuten, dass eine öffentliche Debatte bewusst vermieden werden sollte. Das soll in Zukunft nicht mehr möglich sein.

Neben den PIRATEN sind von der Änderung der Parteiengesetzes auch andere Parteien, wie die Tierschutzpartei oder die Freien Wähler, betroffen.

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