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Pressemitteilung des Bündnisses „Faires Wahlrecht – Jede Stimme zählt“

Hamburg, den 12.12.2013

Gegen Drei-Prozent-Sperrklausel

Wahlrecht muss fair bleiben! Widerstand gegen Bürgerschaftsbeschluss

Heute, 12.12.2013, werden die Bürgerschaftsfraktionen von SPD, CDU und Grünen in zweiter Lesung die Einführung der Drei-Prozent-Hürde für Bezirkswahlen mit einer Verfassungsänderung beschließen.

Das Bündnis „Faires Wahlrecht – Jede Stimme zählt“, dem bisher neben Mehr Demokratie e.V. auch die Piratenpartei Hamburg, FDP, Linke, Freie Wähler, ÖDP und die Bürgerinitiative „Langenhorn 73“ angehören, hat entschiedenen Widerstand gegen die Verfassungsänderung angekündigt. „Wenn das Schule macht, flugs die Verfassung zu ändern, sobald der Bürgerschaftsmehrheit ein Volksentscheid, das Wahlgesetz oder ein Spruch des Verfassungsgerichts nicht passt, haben wir eine weitere massive Erosion des demokratischen Grundprinzips“, meint Manfred Brandt vom Landesvorstand Mehr Demokratie und Vertrauensperson des Bündnisses.

Erst im Januar 2013 hatte das Hamburger Verfassungsgericht einer bundesweiten Rechtsprechung folgend die Sperrklausel für Bezirkswahlen aufgehoben. Das Gericht sah in dieser Hürde eine Verletzung der Chancengleichheit der Parteien sowie der Gleichgewichtung der Wählerstimmen. Eine Wiedereinführung der Klausel hält das Gericht nur dann für gerechtfertigt, wenn damit „Funktionsstörungen“ in der Arbeit der Bezirksparlamente verhindert werden können. Solche „Funktionsstörungen“ sind aber aus keinem Kommunalparlament Deutschlands bekannt, das ohne Sperrklausel gewählt wurde. Das gilt für fast alle Bundesländer.

Im Stadtrat von München sitzen beispielsweise seit Mai 2008 Vertreter von zehn Parteien und Gruppierungen. Lediglich vier davon haben Fraktionsstatus (SPD, CSU, FDP und Bündnis 90/Die Grünen zusammen mit der Rosa Liste). Bisher ist München nicht für unregierbar erklärt worden. Im Frankfurter Römer sind seit November 2012 sogar elf Parteien vertreten. Acht davon haben Fraktionsstatus. Ökolinx, REP und NPD haben jeweils nur einen Abgeordneten. Das funktioniert, obwohl die Frankfurter Stadtverordnetenversammlung, wie alle Gemeinden, eine Fülle von Aufgaben hat. Unter anderem wählt sie den Magistrat – mit Ausnahme der Oberbürgermeisterin/des Oberbürgermeisters – und kontrolliert die Führung der Stadtverwaltung. Darüber hinaus beschließt sie über den Haushalt, erlässt spezielle Satzungen – beispielsweise über die Erhebung städtischer Steuern bzw. Gebühren oder zu Bebauungsplänen. Über wichtige Dinge des kommunalen Lebens trifft sie eine Vielzahl von Einzelentscheidungen.

Im Gegensatz dazu haben die Hamburger Bezirksversammlungen kaum eigene Entscheidungsbefugnisse. Sie sind durch das Hamburg-spezifische Konstrukt der „Einheitsgemeinde“ dem Senat unterstellte Verwaltungsausschüsse.

Eine Sperrklausel dient vor allem dazu, kleinere Parteien und Wählervereinigungen aus den Parlamenten heraus zu halten. Als Begründung werden gern rechtsradikale Gruppierungen ins Feld geführt. Aber wer extremistische Parteien mit einer Sperrklausel verhindern will, verhindert gleichermaßen kleine Parteien aus der Mitte der Gesellschaft.

„Politische Gegner bekämpft man besser mit inhaltlicher Auseinandersetzung als mit Ausschluss. Das hier macht eher den Eindruck, als wollten die Mehrheitsparteien in den Bezirksversammlungen lieber unter sich bleiben. Motto: Eigene Mandate sichern, Konkurrenz ausschalten,“ findet Angelika Gardiner, weitere Vertrauensperson des Bündnisses.

Morgen, 13.12.2013, werden die drei Vertrauenspersonen des Bündnisses „Faires Wahlrecht – Jede Stimme zählt“ Manfred Brandt, Mehr Demokratie e.V., Matthias Cantow, wahlrecht.de und Angelika Gardiner, Mehr Demokratie e.V. das fakultative Referendum gegen den heutigen Bürgerschaftsbeschluss anmelden. Das fakultative Referendum bedeutet, dass das Bündnis innerhalb von drei Monaten ca. 32 000 Unterschriften sammeln muss, damit es über die Verfassungsänderung eine Volksabstimmung geben kann. Diese würde am Tag der nächsten Bürgerschaftswahl im Februar 2015 stattfinden.

SPD, CDU und Grüne halten das angekündigte Referendum für unzulässig. Deshalb wird der Senat das Verfassungsgericht anrufen, um die Zulässigkeit prüfen zu lassen. Ist das Referendum möglich, wird es zum ersten Mal in Hamburg durchgeführt.

1 Kommentar zu “Pressemitteilung des Bündnisses „Faires Wahlrecht – Jede Stimme zählt“

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