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Bradley Manning: Politischer Gefangener

von Michael Büker

Ein „politischer Gefangener“ ist nach der Definition des Europarats eine Person, die aus politischen Gründen verhaftet wird, besonders harsch behandelt wird oder einen unfairen, von politischen Motiven geleiteten Prozess erfährt.

Bradley Manning wurde vor über drei Jahren auf seinem Posten in Bagdad verhaftet und zunächst wochenlang in einer Käfigzelle in Kuwait gefangen gehalten. In den USA saß er fast ein Jahr lang in Einzelhaft und durfte wegen angeblicher Selbstmordgefahr über Wochen die meiste Zeit keine Kleidung tragen, und nur für 20 Minuten pro Tag das Tageslicht sehen. Außerhalb seiner Zelle war er grundsätzlich gefesselt. Im März 2012 erhob der UN-Sonderberichterstatter über Folter nach einer mehr als einjährigen Untersuchung formal den Vorwurf gegen die USA, Bradley Manning „grausam und menschenunwürdig“ behandelt zu haben.

Nach zwei weiteren Jahren in einem Militärgefängnis hatte er insgesamt drei Jahre ohne Prozess in Haft verbracht. Sein Verfahren vor dem Militärgericht begann schließlich im Juni 2013. In diesem wurde er in 17 von 22 Anklagepunkten schuldig gesprochen. Sein heute verkündetes Strafmaß beträgt 35 Jahre – muss er diese Strafe voll absitzen, wird er zum Zeitpunkt seiner Freilassung über Hälfte seines Lebens in Gefangenschaft verbracht haben. Doch auch wenn er mit der Aussicht auf Bewährung und der Anrechnung seiner Einzelhaft letztlich weniger lange inhaftiert sein wird, bleibt das Strafmaß doch ein drakonisches.

Doch wessen ist Bradley Manning schuldig? Er hat Wikileaks, und damit der Welt, Material zugänglich gemacht, das den Mord an Unschuldigen und Unbeteiligten in den Kriegen im Irak und in Afghanistan in zahllosen Fällen belegt. Nach modernem Rechtsverständnis müsste er demnach als Whistleblower, also als Aufdecker von Missständen, besonderen Schutz genießen.

Doch das Gegenteil ist der Fall: die US-Regierung war erbost darüber, bloßgestellt worden zu sein, nicht zuletzt neben den Morden an Zivilisten auch durch die diplomatischen Cables, die weltweit für Aufmerksamkeit sorgten. Und so sollte an Bradley Manning, geboren im Dezember 1987, ein Exempel statuiert werden. Herausgekommen ist ein Urteil, das sowohl als harsche Bestrafung wie auch als abschreckendes Beispiel für andere Geheimnisträger dienen soll.

Das Urteil und die Inhaftierung von Bradley Manning werden aber mit Sicherheit, wie schon bei anderen weltbekannten politischen Gefangenen, nicht das letzte Kapitel seiner Geschichte gewesen sein.

Foto: http://creativecommons.org/licenses/by-nc-sa/2.0/ by Chris Gray

2 Kommentare zu “Bradley Manning: Politischer Gefangener

  1. Auch wenn das Strafmaß geringer ausfällt wie befürchtet, sind 35 Jahre Haft leider dennoch 35 Jahre zu viel für das, was er für die Welt geleistet hat.

  2. Arno Schlick

    Wirklich eine groteske Situation: Wir sind durch die USA und Grossbritannien einem Überwachungsterrorismus ausgesetzt, der mit Terrorismusbekämpfung begründet wird. Gleichzeitig passiert folgendes: Der durch den Friedensnobelpreisträger Obama regierte US-Staat hat den US-Kriegsverbrechen aufdeckenden Soldaten Bradley Manning zu 35 Jahren Haft verurteilt und das Friedensnobelpreis-Europa sieht zu oder auch nicht und dreht Däumchen – oder so. Und der den Überwachungsterrorismus aufdeckende Exspion Snowden muss Zuflucht suchen in Diktaturen und Halbdiktaturen. Auf der Flucht vor den Friedensnobelpreisträgern, die unter anderem das deutsche Grundgesetz gebrochen haben. Und nebenbei wird in Grossbritannien mal eben de fakto die Pressefreiheit abgeschafft. Im Namen der Terrorismusbekämpfung.
    Da habe ich aber Glück gehabt: Ich muss es niemandem erklären, so bizarr wie das alles ist.

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