Aktuell Slider

Rede „Stop Watching Us“ 27.07.2013 – Andreas Gerhold

Hier der Redebeitrag von Andreas vom vergangenen Samstag:

Wir haben in den letzten Wochen viele neue Namen und Kürzel kennen gelernt

PRISM, Tempora, NSA, GCHQ, BND, XKeyscore
Wir erfuhren PRISM = Stasi x X-Millionen Yottabite
Echolon – hatten wir schon fast wieder vergessen,

wir erfuhren etwas Neues was gar nicht so neu ist. Der konkrete Beweis und das Ausmaß hat allerdings selbst stärkste Fachleute umgehauen. Die Dreistigkeit der Kanzlerin mit der sie uns ins Gesicht lügt und leugnet bis wieder etwas bekannt wird, die von tiefem Unverständnis für das Wesen von Demokratie geprägte Dummdreistigkeit mit der uns Innenminister Friedrich ein Supergrundrecht verkaufen will, sollte langsam auch den letzten Bürger umhauen!

Als vorletzter Redner will ich all dies nicht weiter im Detail beleuchten. Wir haben heute schon einiges dazu gehört. Ihr habt heute auch bereits gehört, dass Privatsphäre ein Menschenrecht ist, das eure Grundrechte außer Kraft gesetzt werden. Dass das Grundgesetz ausgehöhlt wird. Dass die Demokratie in Gefahr ist.

Die Verdachtsunabhängige und anlasslose Massenüberwachung der Bevölkerung ist nicht nur einer Demokratie unwürdig, sie ist mit einer demokratischen Gesellschaft unvereinbar! Mehr noch sie führt zu einer schleichenden Faschistuierung unserer Gesellschaft!

Unsere eigenen Regierungen und ihre Behörden sammeln ebenfalls fleißig und wollen immer mehr: Deshalb haben wir heute auch die deutliche Ablehnung von Bestandsdatenauskunft und Vorratsdatenspeicherung die Straße getragen.

Was macht man eigentlich mit so mit Massen an Metadaten?

Alles was man will! Man durchsucht, filtert, sortiert, verknüpft sie, erstellt daraus neue Daten und nutzt oder verscherbelt die dann.

Banken beurteilen mit Metadaten die Kreditwürdigkeit ihrer Kunden ohne sich den Kunden selbst an zu sehen. Stimmen, einzeln genommen unwichtige Datenschnipsel, wie der Wohnort, mit vielen anderen Schnipseln nicht mehr in ein vorgegebenes Muster, gibt es keinen Kredit.

Facebook verhökert die Daten ja nicht nur an die NSA. Das äußerliche Geschäftsmodell besteht ja im Targeting, also dem Verkauf meiner ausgewerteten Daten über Vorlieben und Lebens- also Kaufgewohnheiten damit man mir passende Angebote unterbreiten kann.

Was aber treibt Regierungen und ihre Geheimdienste dazu Zugriff auf letztlich ALLE Daten der gesamten Bevölkerung – eigener und fremder – anzustreben? Und nicht weniger zeigt uns Tempora. Die Terroristenjagd ist jedenfalls mehr als deutlich lediglich die Begründung aber nicht der Grund.

Massenüberwachung dient der Massenkontrolle

Es geht um die Vorhersagbarkeit von Verhalten! Und wer vorhersagt will auch eingreifen, will lenken, will steuern!

„Wenn du überwacht wirst, bist du politisch kastriert“ war eine kleine Artikelserie in der Zeit vom Anfang des Monats überschrieben.

„Big Data ist die Fähigkeit, unzählige Einzelinformationen nicht bloß zusammenzufügen, sondern zur Vorhersage menschlichen Verhaltens zu verwenden, das gar nicht offenkundig mit den Einzelinformationen in einem Zusammenhang steht.“ erklärt Viktor Mayer-Schönberger

„Aus riesigen Mengen scheinbar uninteressanter Daten lassen sich immer genauere Vorhersagen über andere, sehr sensible Bereiche unseres Seins treffen – insbesondere wie Menschen sich verhalten werden. Die Richtung ist klar. Es geht nicht mehr um das Ausspähen der Gegenwart, sondern um einen Einblick in die Zukunft. Das ist der Kern von Prism.“

Und wer in die Zukunft blickt will sie auch gestalten. Massenüberwachung dient der Massenkontrolle – und verfeinert der Massenmanipulation! Es droht nicht weniger als die „Befreiung“ des Menschen vom freien Willen. Das ist der Kern oder meinetwegen auch nur die Gefahr jeglicher Massenüberwachung!

Aber die Auswirkungen sind auch ganz direkt und unmittelbar. An gleicher Stelle schreibt Daniel Suarez:

„Dabei gibt es keine unabhängigen Beweise dafür, dass dieses System wirklich hilft, Terroristen zu finden. Aber es ist unglaublich nützlich, um die Kritiker von Regierung und Big Business zu identifizieren und zu diskreditieren. Deshalb untergräbt permanente Überwachung den politischen Aktivismus – und damit das Herz der Demokratie.“

Aber Demokratie braucht Freiräume und Demokratie braucht Bildung, braucht Information, braucht Transparenz! Mit den neuen Kommunikationstechniken ist ein neues Zeitalter angebrochen. Wir haben die Chance es zu Wohl der Menschheit zu gestalten. Wir können Bildung zu verbreiten, notwendige Informationen für Entscheidungsprozesse immer leichter bereitstellen. Wir sind in der Lage unseren Staat so transparent und partizipativ zu gestalten wie nie zu vor. Wir sind in der Lage immer mehr Menschen zu beteiligen und ganz neue Demokratiemodelle zu entwickeln und zu erproben.

Und ja, ich oute mich, ich mag Facebook – nicht die Company oder das Geschäftsmodell. Aber die neuen Möglichkeiten der Kommunikation und Interaktion die sich in Sozialen Netzwerken bietet. Ich finde sogar die Nutzer sollten ein eigenes dezentrales „Facebook“ haben. Die sozialen Netzwerke sind eine Bereicherung unserer Gesellschaft und eröffnen neue Möglichkeiten.

Und all das, das was wir haben oder meinen zu haben und das was an Möglichkeiten für die zukünftige demokratische Gesellschaft sein könnte, steht auf dem Spiel und wird schon jetzt gegen uns verwendet.

Wir laufen Gefahr in eine faschistische Gesellschaft abzurutschen, die keine charismatischen Führer mehr braucht und sogar der ferngelenkten Bevölkerung eine pluralistische Parteienlandschaft und Wahlen und Supergrundrechte gewähren kann. Wir haben aber die Chance unsere unsere Gesellschaft und unsere Demokratie weiter zu entwickeln und immer mehr Menschen, statt wie die heutige Tendenz immer weniger Menschen am gesellschaftlichen Leben teilhaben zu lassen. Wir haben die Wahl: für unsere Chancen kämpfen oder die Zukunft den Geheimdiensten und rücksichtslosen Sicherheitsfanatikern überlassen.

Jetzt entscheidet sich in welche Richtung wir wollen, ob das Informationszeitalter ein düsteres oder ein helles Kapitel der Menscheitsgeschichte werden wird.

Überwachung oder Freiheit? So einfach ist die Frage die sich am Ende stellt.

Wir sind heute hier weil wir die Freiheit wählen!

1 Kommentar zu “Rede „Stop Watching Us“ 27.07.2013 – Andreas Gerhold

  1. T'horse10

    Das war die beste Rede auf der Demo.
    Die Hinweise auf das, was Überwachung in der Gessellschaft und in den Köpfen verändert, sind essentiell!

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert