Berichte aus der Bezirksversammlung Extern Slider

Unterbringung von Asylsuchenden in Hamburg

Am 26.11.12 informierte die Behörde für Arbeit, Soziales, Familie und Integration (BASFI) gemeinsam mit der Behörde für Inneres und Sport (BIS) über die Entwicklungen und Bedarfe in der Öfentlich-Rechtlichen Unterbringung, speziell über die Erstunterbringung von Asylbewerbern [1] [2]. Aus dem Bezirk Mitte waren lediglich die Fraktionen der Linken und der PIRATEN der Einladung gefolgt.

Für den Bezirk Mitte schlagen die Behörden als Sofortmaßnahme die Unterbringung von 70 Asylbewerbern in einer, seit fünf Jahren leer stehenden, ehemaligen Schule am Oststeinbeker Weg in Billstedt  vor. In der Stufe 2 der Sofortmaßnahmen sollen noch Plätze in der Straße An der Hafenbahn hinzukommen, wobei eine konkrete Anzahl der Plätze an diesem Standort noch nicht genannt werden konnte. Ein Beteiligungsverfahren nach §28 BezVG des Bezirks sollte am Folgetag dem 27.11.12 eingeleitet werden. Damit hat der Bezirk bis zum 28.12.12 Zeit eine Stellungnahme abzugeben. Allerdings reichte erst die CDU einen Eilantrag [3] für eine Stellungnahme im Hauptausschuss ein, daraufhin sah sich die SPD-Fraktion ebenfalls gezwungen einen Eilantrag einzureichen.

Bei der Vorstellung beider Anträge wurden die Probleme beider Standorte von den Antragstellern erläutert (siehe Anträge). Auch der Bezirksamtsleiter schloss sich den übereinstimmenden Stellungnahmen an und regte an im Bezirk eigenständig nach anderen, besser geeigneten Standorten zu suchen und diese den Behörden vorzuschlagen.

Die PIRATEN kritisierten grundsätzlich das übereilte Vorgehen in der Bezirksversammlung. Nach Auffassung der PIRATEN sollte man die Frist bis zum 28.12.12 nutzen um einerseits schon mit einer Stellungnahme ggf alternative Standorte vorschlagen zu können und um andererseits auch eine öffentliche Diskussion zu ermöglichen. Da beide Anträge als Eilanträge, eingereicht waren, obwohl vor Ablauf der Frist noch eine Bezirksversammlungssitzung stattfindet, stand der Punkt nicht auf der Tagesordnung. Eine interessierte Öffentlichkeit hatte somit keine Möglichkeit die Sitzung des Hauptausschusses gezielt zu besuchen. Zudem entscheidet der Hauptausschuss eigentlich nur in dringenden Fällen an Stelle der Bezirksversammlung, wenn vor nötiger Beschlussfassung keine Bezirksversammlung stattfindet oder die Bezirksversammlung eine Beschlussfassung explizit in den Hauptausschuss überweist. Beides war hier nicht gegeben. Ein Antrag der PIRATEN auf Vertagung in die nächste Sitzung der Bezirksversammlung wurde abgelehnt.

Bei der punktuellen Abstimmung des SPD-Antrags stimmten die PIRATEN den Petitumspunkten 1, 2 und 5 zu, den Petitumspunkten 3 und 4, die die beiden Standorte grundsätzlich ablehnen, haben wir nicht zugestimmt.Andreas Gerhold: “Wir bekennen uns eindeutig zu der Verantwortung des Bezirks Mitte sich an der gesamtstädtischen Lösung dieses dringenden Problems zu beteiligen. Wir hätten es allerdings vorgezogen wenn die BASFI den Bezirken zunächst mitgeteilt hätte wie groß die erwartete Zahl an zusätzlichen Plätzen zur Unterbringung von Asylbewerbern in den jeweiligen Bezirken sein soll und die Standortsuche den Bezirken selbst überlassen worden wäre. Da dies nicht der Fall war und der Bezirk zur Zeit auch noch keine alternativen Standorte vorschlagen kann, haben wir die von der BASFI vorgeschlagenen Standorte bisher nicht abgelehnt. Grundsätzlich wünschen wir uns eine kleinteilige, dezentrale Unterbringung anstatt weniger großer Massenunterkünfte. Insofern halten wir den Standort am Oststeinbeker Weg mit 70 Plätzen für grundsätzlich geeignet. Auch die von der SPD vorgebrachte Argumentation: ‚Die Lage des Schulgrundstücks im Stadtteil – unter anderem die sich dort unmittelbar befindende Einfamilienhausbebauung – lässt eine Unterbringung nicht zu.‘ erschließt sich uns nicht.
Tatsächlich steht dem Standort die dort mittelfristig geplante Wohnbebauung entgegen. Eine Ablehnung aus diesem Grund, sollte aber mit Vorschlägen für besser geeignete Standorte verbunden sein.”

Michael Büker: „Die Frage der kurzfristigen Unterbringung von Asylsuchenden ist schwierig. Wir lehnen Massenunterbringung ab, weil sie menschenunwürdig ist – das äußerste Extrem in Hamburg stellt das Isolationslager in Horst (Mecklenburg-Vorpommern) dar. Die Ablehnung von Unterbringungsstandorten ist von anderer Seite aber oft von fremdenfeindlichen Vorurteilen geprägt und folgt dem ‚Hauptsache nicht vor meiner Tür‘-Prinzip. Im Moment kann die Behörde glaubhaft machen, dass dringender Bedarf besteht, weshalb wir die vorgeschlagenen Notunterkünfte nicht ablehnen, denn gar keine Unterbringung zu schaffen ist eine inakzeptable Alternative. Die Behörde muss aber unbedingt für langfristig menschenwürdige Wohngelegenheiten in der Mitte der Stadt und in der Mitte der Gesellschaft sorgen. Die Ausgrenzung von Asylsuchenden durch Notunterkünfte nach Bedarf darf so nicht weitergehen. Insbesondere sind Gebäude in bewohnten Gebieten immer abgelegenen Container- und Zeltstädten vorzuziehen.“ [5]

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Foto: Blockade in Horst | Foto: Dominik Brueck / hh-mittendrin.de
[1] Einladung
http://hamburg-mitte.bezirkspiraten.de/event/behordeninformation-situation-von-fluchtlingen-in-hamburg/
[2] Info BASFI:
http://www.hamburg.de/contentblob/3702054/data/2012-11-27-basfi-unterbringung-anlage.pdf
[3] CDU-Antrag:
http://www.hamburgmittedokumente.de/Hauptausschuss/2012-12-04%20-%20Sitzung%2019/19.%20HA%20Antrag_Unterbringung%20Oststeinbeker%20Weg.pdf
[4] SPD-Antrag:
www.hamburgmittedokumente.de/Hauptausschuss/2012-12-04%20-%20Sitzung%2019/Eilantrag%20SPD%20-%20Stellungnahme%20%C2%A728%20%C3%96rU_Ergaenzungen_Klaus_gr.docx
[5]  http://cams21.de/zentrale-erstaufnahmeeinrichtung-in-hamburg-wird-mit-zelten-und-containern-erweitert/

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